Man kann Floskel von der Beständigkeit des Wandels in den Mund nehmen oder tatkräftig anpacken. Letzteres tut die Fox Group. Franz Obermayer ist dennoch kein Getriebener, im Gegenteil. Er will enkeltauglich die Zukunft bauen – und das nicht nur für die Systemhausgruppe.
Eine Software für die Verwaltung der Kühe im Stall, die kaufmännische Anwendung „Fox Gewerbe“, die man auf den PC installiert und die heute noch von zwei Kunden genutzt wird, obwohl es freilich keine Updates mehr dafür gibt und ERP aus der Cloud längst die On-Prem-Version abgelöst hat – zumal so eine veraltete Applikation wie F. Obermayer Datentechnik sie in den 90-Jahren entwickelte und als CD-ROM out of the Box verkaufte. Franz Obermayer muss schmunzeln, wenn er auf nunmehr drei Jahrzehnte Firmengeschichte zurückblickt. 2007 wurde ICT CHANNEL erstmals auf den Systemhaus-Unternehmer aufmerksam. Nicht wegen seinem knallig orangefarbenem Hemd, das eine dezenter abgesetzte Krawatte in Hellorange schmückte. ICT Channel suchte und prämierte innovative Systemhäuser. F. Obermayer Datentechnik stach mit einer mobilen Lösung hervor, die es den Getränkeausfahrern einer Brauerei ermöglichte, Routen und Rechnungen samt Belegdruck auf Knopfdruck zu generieren. Google Maps gab es damals so wenig wie Smartphones. »Skeye.pad« von Höft & Wessel kamen zum Einsatz – mit extra angefertigten großen Tasten für die dicken Pratzen der Fahrer, wie man in Bayern zupackende Hände nennt.
Ventures klopfen an der Systemhaus-Türe
Drei Evolutionen später – Apps, Cloud, Security als Managed Service und überhaupt XaaS – ist aus dem Systemhaus im oberbayerischen Tittmoning nahe der Grenze zu Salzburg, die Fox Group geworden: Fox IT, Complimant, Pensec und Lemontec. Ein Zusammenschluss vier Unternehmen, die mit ihren über 50 Angestellten bundesweit das klassische Plan-Build-Run-Modell einer Systemhausgruppe mit Fokus Security, Informationssicherheit, Beratung und Auditierung anbieten. Vier DAX-Konzerne und jede Menge mittelständischer Kunden vertrauten auf die Kompetenz des mittelständischen IT-Spezialisten.
Obermayer hätte längst an einen der vielen Investoren, die regelmäßig bei ihm anklopfen, verkaufen können, wie das so viele Unternehmer-Kollegen getan hatten. 52 Jahre jung ist er, da kann man sich sein Lebenswerk schon versilbern, wenn nicht gar vergolden bei dem vielen VC-Geld, das nach Rendite in der Digitalisierungsbranche händeringend sucht. Er hat sich entschieden, selbst als Aufkäufer aufzutreten. Gerade ist er in Verhandlungen mit einem weiteren Systemhaus, das die Fox Group weiter stärken soll.
Nach der Arbeit ist vor der Feldarbeit
Es fällt der Satz, der vom Schneller, Höher, Weiter einer quartalsgetriebenen Denke so weit entfernt ist, wie der Mensch zum Mars fliegen kann, geschweige denn ihn besiedeln wird. „Ich plane eine enkeltaugliche Zukunft“, sagt Franz Obermayer. Der gelernte Land- und Forstwirt hat Grund und Boden von seinen Vorfahren nicht in die Hände gelegt bekommen, um das Geerbte im Monopoly-Schacher im hier und jetzt aufs Spiel zu setzen. Sohn Franz Junior, ebenfalls wie der Vater IT-Security-Experte und Leiter der Technik bei Fox IT, könnte mit seinem 1,0-Abschluss der Bachelor of Science-Arbeit bei jedem Konzern Karriere machen. Den Master legt der 23-Jährige auf der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft gerade oben drauf, die ihn gerne als Dozenten hätten. Er denkt nicht daran, genauso wenig wie Tochter Anna, die mit 21 Jahren in das Marketing hineinwächst. Unternehmerfamilie eben, aber sehr bodenständig und früh aufgewachsen mit ethischen Werten, die es mit der Ökonomie zu versöhnen und in Einklang mit Ökologie zu bringen gilt. Nach der Arbeit ist vor Arbeit: Sohn Franz sitzt auf dem Mähdrescher und bringt bis spät abends den Weizen ein, den Vater Franz zu Mehl verarbeitet und neuerdings für die Direktvermarktung abpackt.
Die Stille Revolution – Kulturwandel in der Arbeitswelt
Nachhaltigkeit wurde und wird den Obermayers in die Wiege gelegt, der Mut zur Veränderung aber auch, den er alle sieben Jahre im Systemhaus an den Tag legt. Landwirte, die einstige Stammwählerschaft der Partei in Bayern mit einem „C“ im Namen, sind längst nicht mehr ausschließlich nur konservativ am Alten klebend. IT-Unternehmer Obermayer sieht ja, wie schnell sich Technologie dreht und wie man darauf reagieren muss. Shared-Desk gilt für alle Mitarbeiter im neu erbauten Firmengebäude in Tittmoning, auch für den Chef. Den Arbeitsplatz im Büro muss auch der Chef wie alle anderen, wenn nicht gerade vom Homeoffice aus gearbeitet wird, täglich buchen. „Ich muss mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt er.
Die Generation Z erkennt Widersprüche, kommt erst gar nicht zu Arbeitgebern, die Ungleichbehandlung dulden und praktizieren. Ethische Werte predigen und dann doch Gewinnmaximierung über alles stellen, das diskreditiert. Unternehmer gleichen Schlages, Franz Obermayer nennt sie „Gleichgesinnte“, trifft er bei den Einkehrtagen im Kloster Andechs. Im Fürstenzimmer hoch oben auf dem Heiligen Berg mit fantastischem Ausblick auf Ammer- und Pilsensee im Landkreis Starnberg reflektieren Geschäftsführer im kleinen Kreis, was ethisches Wirtschaftsmanagement für ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter bedeutet. Der Kulturwandel in der Arbeitswelt, diese „Stille Revolution“, so der Film von Regisseur Kristian Gründling, macht eindrücklich klar, warum unternehmerisches Handeln nach einem Sinn jenseits harter Bilanzkennzahlen fragen sollte.
So geht Wandel mit positiver Folge
Angst zu haben vor Veränderungen kann im besten Fall Stillstand bedeuten. „Dann darf ich aber kein Unternehmer sein“, sagt Obermayer. Sein letzter Arbeitstag würde kommen, „wenn ich das Gefühl habe, dass sich nichts mehr ändert“. Wie aus Angst vor der Zukunft das Rad mit roher Gewalt in die Vergangenheit gedreht wird, erlebt man gerade auf der Bühne der Weltpolitik. Und gerade deswegen macht Obermayer weiter, spendet mit dem von ihm gegründeten Verein Fox Helps PCs für die Ukraine. Einen Ingenieur aus der Ukraine hat er in seinem landwirtschaftlichen Betrieb eingestellt – zu marktüblichem Gehalt, wie es sich für einen Akademiker gehöre, versichert er.
Und das nächste Projekt auf dem Weizenfeld, gleich hinter dem Bauernhof der Obermayers in Kirchweidach, ist schon angedacht. Es soll ein Megawatt-Solarpark entstehen und zwar mit so aufgeständerten Sonnenkollektoren, dass der Getreideanbau mit fast gleichem Ertrag möglich ist. „Ich will zeigen, dass Photovoltaik auf landwirtschaftlichem Boden möglich ist, ohne dass Anbaufläche verloren geht “, so Stromproduzent Obermayer. Widerstände zu brechen, indem man das Gegenteil am Vorbild praktiziert, so geht Unternehmertum in jeder Sparte, wenn man denn Wandel mit positiver Folge wirklich haben will.
Quelle: WEKA Fachmedien GmbH, 27. Juli 2022, 14:44 Uhr, Martin Fryba
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